K E V I N
Heute nehme ich die aktuelle Diskussion um Kevin Kuranyi mal auf:
Begnadigen oder nicht begnadigen?
Das ist hier die Frage.
Schauen wir etwas hinter die Kulissen ;-)
"Der Fall Kuranyi" ist schon jetzt die spannendste Inszenierung der diesjährigen Saison im Fußballtheater - und das Stück bekommt noch mehr Pfiff, weil nun auch die Familie der tragischen Hauptfigur die Bühne betritt.
"Der Bundestrainer hat meiner Meinung nach zu schnell und zu hart über meinen Sohn geurteilt", befindet Kevin Kuranyis Vater Kont in der "Bild"-Zeitung: "Eine Watschn eines Nationalspielers gegen einen Kollegen finde ich schlimmer."
Nun ist elterliche Parteinahme für einen Sohn im Konflikt mit der Autorität selten ein Erfolgsrezept. Erst recht nicht, wenn sich das Elternteil auf die Argumentationsschiene "Was-der-Lukas-angestellt-hat-war-viel-schlimmer" begibt.
Kont Kuranyi tut dennoch das Richtige, seinem Sohn jetzt zu helfen: Er trägt eine Mitschuld an der Situation, in der dieser jetzt steckt.
Unliebsame Stadionflucht, unliebsame Spielveranlagung, unliebsamer Verein, unliebsamer Berater: Alles mag dazu beigetragen haben, dass Kuranyi bei Löw auf keinen grünen Zweig gekommen ist.
Übersehen wird bei dem Thema aber immer ein anderes Problem, das ihm Papa Kont eingebrockt hat: der Vorname.
Vor kurzem erst hat die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Astrid Kaiser von der Universität Oldenburg eine Studie veröffentlicht, in der herauskam, dass bestimmte Vornamen den Kindern nicht gut tun.
Lehrer erkennen in Kindern mit in unteren Gesellschaftsschichten beliebten Namen nämlich von vornherein Problemfälle und behandeln sie entsprechend - schlechtere Beurteilungen und Benotungen inklusive.
Betroffen sind Mandys, Justins, Cindys, Angelinas - und ganz besonders Kevins. "Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose", hielt eine in der Studie befragte Lehrerin fest.
Und nicht nur Lehrerinnen rümpfen über den Kevin an sich die Nase. "Nur Ossis und Drogenkinder heißen Kevin", findet Komiker Michael Mittermeier.
Ihm ist der Generalverdacht zu verdanken, dass die Kevins dieser Welt die Musterexemplare der von ihm erdachten Spezies "Arschlochkind" sind ("einmal AK, immer AK").
Als ein solches gilt unter anderem auch der Grinsefratz, der im Jahr 2005 zum Unmut vieler das langjährige Gesicht auf den Packungen von Kinder Schokolade abgelöst hat.
Obwohl unter Verschluss ist, wie der Neue heißt, kann er für seine Feinde der Erfahrung nach nur einen Namen haben: "Weg mit Kevin" forderten die Aktivisten bis heute.
Und nur vordergründig stellen sich 245 Mitglieder einer StudiVZ-Gruppe vor die Kevins dieser Welt, indem sie fordern: "Schakkeline - hau dem Kevin nich imma mitte Schüppe auffen Kopf!" (Ableger der Hauptgruppe: "Schakke-line, komm wech von die Regale, du Arsch!")
Die Vorurteile treffen auch die Kevins aus der Kickerbranche. Kevin Großkreutz und Kevin-Prince Boateng haben auch schon in jungen Jahren den Ruf weg, dass man sich mit ihnen nicht sinnvoll über Kants kategorischen Imperativ unterhalten kann.
Und über Boateng hat ja auch einst ein ehemaliger Coach quellenlos fantasiert, er und seine Geschwister würden allesamt von verschiedenen Vätern stammen.
Das Thema DFB-Team hat Boateng ja eben auch erst abgehakt, weil er dort keine Chance für sich sieht.
Außer Kuranyi hat noch nie ein Kevin ein A-Länderspiel für Deutschland bestritten. Ein reiner Zufall?
Dass Löw sich tendenziell lieber mit pflegeleichten Schützlingen umgibt als mit kickenden Arschlochkindern, darf als erwiesen gelten.
Aber treibt er diese im Kern verständliche Haltung zu weit? Haben die Kevins bei ihm genauso schlicht verkackt wie bei Deutschlands Lehrerinnen? Hätte es Kuranyi womöglich leichter, hätte er von Papa Kont einen anderen Namen bekommen?
Professorin Kaiser weiß, welche bei den Entscheidern dieser Welt besser ankommen: "Mit Eigenschaften wie freundlich und leistungsstark" verbinde man Namen wie Alexander, Maximilian, Simon, Jakob - oder Lukas.
Das erklärt einiges...
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